Mit großer Freude und Erleichterung wurde die Verabschiedung der MiCA-Regulierung am 20. April 2023 durch das Europäische Parlament von der Krypto-Community gefeiert. Zu Recht, wie wir meinen! Mussten doch nach jahrelanger Vorbereitung beim Landeanflug nochmals einige Warteschleifen gedreht werden. Nun ist sie da, die Markets in Crypto-Assets Regulation (MiCA) und nicht nur eingefleischte Krypto-Enthusiasten feiern sie als möglichen Vorreiter einer weltweiten Krypto-Regulierung und wichtigen Meilenstein für die gesamte Blockchain- und Krypto-Branche. Die europäische Krypto-Regulierung soll nach den Pleiten, Pech und Pannen der vergangenen Monate das Vertrauen in Kryptowerte wieder herstellen und Anlegende zukünftig besser vor üblen Foulspielern wie der Krypto-Börse FTX beschützen.

Was regelt die MiCA?

Mit der MiCA werden E-Money Tokens (EMTs, deutsch: E-Geld-Tokens), Asset Referenced Tokens (ARTs, deutsch: wertreferenzierte Tokens) und sonstige Tokens/Kryptowerte reguliert. Ausgenommen sind die bereits unter die MiFID fallenden Assets (z.B. Security Tokens) sowie rein dezentrale Dienstleistungen (DeFi), Staking und Lending und sogenannte Non Fungible Tokens. Kryptowerte sind dabei die digitale Darstellung von Werten oder Rechten, die elektronisch übertragen und gespeichert werden können, wenn dafür die Distributed-Ledger- oder eine vergleichbare Technologie verwendet wird (Art. 3 Abs. 2 und Abs. 5 MiCA). Dabei werden drei Formen von Kryptowerten unterschieden, wobei die ersten beiden landläufig auch als „Stablecoins“ bezeichnet werden:

  • E-Geld-Tokens: Nehmen auf eine offizielle Währung Bezug und sind durch Reservebestände in dieser Währung wertstabil (MiCA Titel IV),
  • wertreferenzierte Tokens: Tokens, die keine E-Geld-Tokens sind, sondern auf andere Werte und/oder Rechte referenzieren (einschließlich einer Kombination aus FIAT- oder Kryptowährungen) (MiCA Titel III),
  • andere Kryptowerte als die oben genannten: Hierbei handelt es sich um die bekannten Kryptowährungen oder sogenannte Utility Tokens, die beispielsweise als Zugangs­berechtigung für bestimmte Produkte oder Dienstleistungen genutzt werden (MiCA Titel II).

Als Faustregel gilt: Je ähnlicher ein Kryptowert einer herkömmlichen Währung und je größer sein Volumen und / oder seine Vernetzung mit dem traditionellen Finanzmarkt ist, um so strenger sind die Anforderungen an Emittenten und Dienstleister. Crypto Asset Service Provider werden vielfältigen Regelungen, Lizenzierungs- und Meldepflichten sowie der Pflicht zur Veröffentlichung sogenannter „Whitepapers” unterworfen. Diese müssen Informationen zum Unternehmen, zur Ausgestaltung des Tokens, zur Handelsplattform und zu potenziellen Umweltauswirkungen des verwendeten Konsensmechanismus enthalten.

Ferner müssen je nach Kryptowert bestimmte Eigenmittelanforderungen und Vermögensreserven und Regeln zur Anlage der entgegengenommenen Geldbeträge eingehalten werden.

Dann steht der Umsetzung also nichts mehr im Weg?

Ganz so einfach gestaltet sich dies leider nicht: Bei aller Euphorie darf nicht vergessen werden, dass nun ESMA, EBA und EZB erstmal das Kleingedruckte regeln müssen. Dazu gehören die schon aus der MiFID bekannten technischen Regulierungs- und Umsetzungsstandards sowie die delegierten Rechts­akte. Themen sind beispielsweise die Mindestanforderungen an Crypto Asset Service Provider in Bezug auf Eigenmittel und Unternehmensorganisation sowie die konkreten Inhalte sogenannter Whitepapers, die Anlegern helfen sollen, Risiken besser einzuschätzen. Aber auch Aspekte zur Frage, ab wann regulierte Crypto Assets als signifikant einzustufen sind.

Die Themen reichen bis hin zur Ausgestaltung von Formularen und Templates für die Zusammenarbeit der teilweise noch nicht benannten nationalen Aufsichtsbehörden. Während einige der Fragen sicher schnell geklärt sein werden, so dürften andere Punkte noch zu einigen Diskussionen zwischen den beteiligten Parteien und den einzelnen Mitgliedsländern führen.

Daneben wird es bei der Ausgestaltung der Regulierung noch eine große Rolle spielen, wie die Anpassung der bereits vorhandenen nationalen Regelungen erfolgt oder wie am Ende der Digitale Euro bezogen auf die MiCA einzustufen sein wird.

Bis zur vollständigen Wirksamkeit der MiCA wird noch einige Zeit vergehen

Die Formulierung der delegierten Rechtsakte und technischen Standards beginnt typischerweise nach der Veröffentlichung der MiCA im Amtsblatt der EU und soll sich über 18 Monate hinziehen, so dass mit einer vollständigen Wirksamkeit der MiCA realistischerweise nicht vor 2025 zu rechnen ist. Ein Vergleich mit MiFID II zeigt: Die bürokratische zweite und dritte Ebene benötigt viel Zeit. Von der Verabschiedung im EU-Parlament am 15.04.2014 bis zur vollständigen Anwendbarkeit der MiFID II vergingen am Ende fast 4 Jahre. Dennoch sollte eine realistische Einschätzung des weiteren Zeitplans niemanden dazu veranlassen, jetzt die Füße hochzulegen und den Autopiloten einzuschalten. Im Gegenteil: die Regulierung ist komplex und wer sich ernsthaft mit der zukünftigen Erbringung von Krypto-Dienstleistungen beschäftigen möchte, sollte sich schon jetzt mit den vielfältigen Details vertraut machen und sich hierfür idealerweise einen erfahrenen Co-Piloten an Bord nehmen, der auch in der klassischen Welt der Finanzdienstleistungen zu Hause ist.

Und auch wenn alle auf die MiCA gewartet haben, hat die EU schon vorab eine Möglichkeit geschaffen, erste Erfahrungen im Handel mit tokenisierten Finanzprodukten zu sammeln:

EU DLT Pilot Regime – Regulatorischer Sandkasten unter kontrollierten Bedingungen

Diese EU-Verordnung richtet sich an Wertpapierfirmen, Marktbetreiber und Zentralverwahrer, die ein DLT-basiertes Handels- und/oder Abwicklungssystem betreiben möchten und erlaubt Testflüge unter kontrollierten Bedingungen. Der Produkt-Scope umfasst klassische, aber in diesem Fall token-basierte Finanzprodukte wie Anleihen, Aktien und Fondsanteile und ist somit ein Gegenstück zur MiCA. Die zugrundeliegende Technologie ist jedoch die gleiche. Ausgesprochenes Ziel des DLT Pilot Regimes ist es, das Entstehen einer DLT-basierten Marktinfrastruktur zu fördern. In diesem Fall ist für den Handel der Produkte eine Einbuchung beim Zentralverwahrer nicht mehr nötig. Auch ein Kryptowertpapierregister, wie es das Gesetz über elektronische Wertpapiere (eWpG) in Deutschland kennt, ist nicht mehr erforderlich.

Hieraus ergeben sich interessante Anwendungsfälle z.B. für Asset Manager, die durch tokenisierte Produkte einen direkten Zugang zu ihren Kunden erhalten, Prozesse vollständig automatisieren und teure Intermediäre umgehen können.

Weitere Besonderheiten des Pilot Regimes sind:

  • Handel und Abwicklung müssen nicht in getrennten rechtlichen Einheiten stattfinden,
  • Privatpersonen können unmittelbar als Handelsteilnehmer an einem DLT-Marktplatz auftreten und unmittelbar Abwicklungskonten halten und
  • das Settlement muss nicht mehr in Euro, sondern kann auch mit sogenannten E-Geld-Token erfolgen.

Auch in der Sandbox gibt es Regeln und Pflichten zu befolgen

Diese betreffen die Erstellung detaillierter Geschäftspläne sowie Nachweise zur Sicherheit der verwendeten IT-Systeme. Auch gilt die Pflicht der Teilnehmer zur Zusammenarbeit mit der ESMA und den zuständigen Aufsichtsbehörden, die die Erfahrungen für die Weiterentwicklung der europäischen Kapitalmärkte nutzen möchten.

Da es sich um eine Sandbox handelt, sind diese Regeln zunächst für mindestens drei Jahre gültig, bevor eine Zwischenevaluierung erfolgt. Außerdem wurden „Airbags” in Form von Volumengrenzen eingezogen, die das Risiko eines Blindflugs beschränken sollen, z.B.:

  • maximal 500 Mio. Euro Emissionsvolumen bei Aktien und 1.000 Mio. Euro bei Anleihen
  • maximales Gesamt-Volumen von 6 Mrd. Euro auf einer DLT-Plattform

Klarheit gewinnen und Weiterentwicklungen verfolgen: Jetzt ist ein guter Zeitpunkt für den Start!

Der Rechtsrahmen für elektronische Wertpapiere, digitale Assets und Kryptowerte hat in den letzten Monaten entscheidende Fortschritte gemacht. Hierbei gilt das Umfeld in Deutschland als vorbildhaft für weiterführende Regularien auf europäischer Ebene. Eine entscheidende Neuerung war auf nationaler Ebene das Gesetz zur Einführung von elektronischen Wertpapieren (eWpG).

Ob der Einstieg in die Krypto-Welt anhand der MiCA oder bereits mit Hilfe der EU-Sandbox erfolgt: wichtig ist neben der Auseinandersetzung mit der zugrunde liegenden Technologie ein klares Verständnis der unterschiedlichen Regelungsbereiche im Hinblick auf die regulierten Produkte und Dienstleistungen. Nutzen Sie die umfangreichen fachlichen, technologischen und regulatorischen Erfahrungen von PPI und sprechen Sie mit uns!

Einen guten Start und eine sanfte Landung wünscht

Bernd Harnisch


 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

5  +  4  =  

Verwandte Artikel