Mit großem Interesse habe ich Thomas aktuellen KI-Blogeintrag gelesen und muss auch mich selbst als #KI-fiziert outen. Im Gegensatz zu meinem geschätzten Kollegen werfe ich nun zum Jahressende jedoch einen weitaus weniger düsteren Blick auf das Thema Künstliche Intelligenz.

Dass sich dank des technologischen Fortschritts und der zunehmenden Menge an verfügbaren Daten bereits spektakuläre Ergebnisse mithilfe von KI-Algorithmen erzielen lassen, ist mittlerweile allgemein bekannt. Dabei stellte ich mir in der Vergangenheit jedoch oft die Frage: Wo bleibt angesichts dieser ganzen Entwicklung eigentlich der Mensch?

Irgendwie drängt sich mir beim Thema KI das Gefühl auf, dass der Mensch primär im Kontext der Arbeitskrafteinsparung gesehen wird. Dies ist aus meiner Sicht aber weder der einzige, noch der vielversprechendste Nutzen der Technologie. Also: Lasst uns doch mal den Fokus auf die optimierte Zusammenarbeit von Menschen und intelligenten Maschinen, die sogenannten intelligente Mensch-Maschine-Kollaboration (iMMK) legen.

In Anlehnung an das Zitat „Computers are incredibly fast, accurate, and stupid. Humans are incredibly slow, inaccurate, and brilliant. Together they are powerful beyond imagination“ wird bei der iMMK die Intelligenz des Menschen um die Intelligenz der Maschine erweitert.

Aber wie kann eine solche iMMK konkret aussehen und welchen Nutzen beschert sie uns?  Um das zu beantworten, blicken wir am besten erst einmal auf die Limitationen von KI. Zwar erreichen heute, rein statistisch betrachtet, die den KI-Anwendungen zugrundeliegenden Algorithmen in vielen Szenarien bereits sehr gute Ergebnisse. Dies bedeutet jedoch nicht, dass sie keine falschen Entscheidungen treffen. Auch vor Betrugsversuchen, bei denen die Entscheidungen von KI-Systemen bewusst beeinflusst werden und die im Finanzbereich ein großes Problem darstellen, sind diese Lösungen nicht geschützt. Des Weiteren arbeitet Machine Learning im Ansatz oft wie eine Black-Box, sodass der Mensch im Nachhinein keine Auskunft darüber erhält, wie die Maschine zu ihrem Ergebnis gelangt ist. Dies kann in sensiblen und besonders sicherheitskritischen Anwendungsbereichen zu Problemen führen, die durch das Einbinden des Menschen zur finalen Entscheidungsfindung adressiert werden können.

Ein perfektes Beispiel für den erfolgreichen Einsatz intelligenter Mensch-Maschine-Kollaborationen finden wir aktuell bereits in der Medizin. Bei der Entdeckung bestimmter Krebserkrankungen anhand von Bilddaten erzielen KI-Anwendungen bereits höhere Erfolgsquoten als Mediziner aus Fleisch und Blut. Positiver Nebeneffekt: Unerfahrene Ärzte lernen nach einer Unterstützung durch die KI, selbst bessere Diagnosen zu stellen. Der Mensch lernt also von der intelligenten Maschine.

Geht es andererseits um das Trainieren von KI-Systemen, sehe ich im Ansatz des sogenannten Human-in-the-Loop-Lernens (HitL) einen weiteren Vorteil einer engen Zusammenarbeit von Mensch und KI. Hierbei interagiert der Mensch nicht nur zu Beginn bei der Datenverarbeitung oder am Ende bei der Dateninterpretation mit der KI, sondern ist ein fester Bestandteil eines interaktiven Lernkreislaufs. Sollte sich die KI beim Treffen einer Entscheidung unsicher sein, so kann der menschliche Trainingspartner unterstützend eingreifen. Weiterer Vorteil des engen Teamworks: Durch die integrierte menschliche Interaktion funktionieren auch solche KI-Anwendungsszenarien, für die vergleichsweise wenig Daten zur Verfügung stehen. Denn im Zweifel greift der menschliche Partner ja unterstützend ein. Aus diesem Feedback lassen sich wiederum neue Trainingsdatensets erstellen, die entweder direkt oder nachgelagert zur kontinuierlichen Verbesserung des KI-Systems verwendet werden können.

Dies sind nur einige Beispiele. Die Kollaboration von Menschen und intelligenten Maschinen bietet zahlreiche weitere Einsatzmöglichkeiten, um das menschliche Entscheidungsverhalten zu verbessern oder – dank der jeweiligen Stärken der beiden unterschiedlichen Partner – Aufgaben zu lösen, die weder die Maschine noch der Mensch alleine bewältigen kann. Der Einsatz von KI macht den Menschen meiner Ansicht nach daher keineswegs obsolet, sondern bildet in vielen Szenarien vielmehr eine Plattform, die unter Zuhilfenahme menschlicher Stärken erst ihr volles Potenzial entfalten kann.
Eigentlich keine schlechten Voraussetzungen für Mensch und Maschine, um das Team der Zukunft zu bilden. Oder?

Viele Grüße
Omar Hensel

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