Von Veränderung zur Transformation? 

Spätestens der Wirecard-Skandal hat auch dem letzten Hinterwäldler das Unausweichliche vor Augen geführt: Die technischen Innovationen, die auch die Finanzwelt in rasantem Tempo verändert haben und weiterhin verändern werden, rufen die Aufsichtsbehörden auf den Plan! Sie fordern ein neues Aufsichtssystem, das es ermöglicht, den Pflichten in dieser sich schnell wandelnden Welt nachzukommen. Die Industrie 4.0, insbesondere der Bereich Digitalisierung, hat den Finanzsektor in der jüngsten Zeit stark verändert. Geschäftsmodelle, Geschäftsprozesse, Kundenverhalten sowie Kundenerwartungen wurden durch die Digitalisierung komplett verändert und weiterentwickelt. Das Internet of Things (IoT), mobiles Banking, Künstliche Intelligenz, Big Data und Blockchain sind nur ein paar wenige Beispiele, die diese Transformation verkörpern. Doch läuft schon bei der Frage nach der Definition von Digitalisierung der Kopf heiß. Es ist daher sinnvoll, an dieser Stelle den Begriff und das Verständnis der Digitalisierung im Rahmen dieses Beitrags zu klären.

Mit der Innovation kommt der Wandel!

In vielen Büchern und wissenschaftlichen Artikeln wird Digitalisierung als die Nutzung digitaler Technologien und Innovationen beschrieben, um Geschäftsmodelle oder Geschäftsprozesse von analog in digital umzuwandeln. Durch die Nutzung ebendieser innovativen und modernen Technologien entstehen folglich neue bzw. weiterentwickelte Produkte, Geschäftsmodelle und Anwendungssysteme in der Finanzbranche, wie zum Beispiel Crowdfunding, mobiles Banking, Robo-Advice oder digitale Währungen. All diese Produkte und Systeme werden auch als FinTech – also Finanz Technologie – bezeichnet.

Es ist jedoch insbesondere die Geschwindigkeit der Entstehung dieser FinTechs, die nicht zu unterschätzen ist und bei der klar wird, dass diese Neu- bzw. Weiterentwicklung der Finanzlandschaft die Supervisoren und Aufsichtsbehörden dazu auffordert und regelrecht dazu zwingt, neue Regularien zu erlassen. Diese rasant voranschreitende Entwicklung der Finanzunternehmen verlangt von den Aufsichtsbehörden komplett neue Ansätze, um den Finanzsektor auch in Zukunft angemessen überwachen zu können. Allerdings wird die bloße Erlassung neuer Regularien nicht ausreichen, um mit der Schnelligkeit der Entwicklung und Entstehung neuer FinTechs mithalten zu können.  Finanzinstitute sind daher gleichermaßen dazu gezwungen, innovative Technologien wie KI – Künstliche Intelligenz, ML – Machine Learning, NLP – Natural Language Processing, Cloud Computing oder DLT – Distributed Ledger Technologies zu nutzen, um auch zukünftig effektiv und effizient ihren regulatorischen Pflichten nachkommen zu können. Mit Bezug auf die hierdurch angestoßenen internen Veränderungsprozesse von Finanzinstituten, kommt mit dem festgesteckten Ziel des effizienten und effektiven Handelns nun die RegTech zum Einsatz.

Regulatory Technologie ist einfach nicht mehr weg zu denken!

Unter RegTech versteht man die Nutzung der technologisch-weiterentwickelten Anwendungen durch Finanzinstitute, damit diese ihren gesetzlichen Pflichten nachkommen können. Dies betrifft, also insbesondere Bereiche wie Compliance, Bilanzierung, Risikomanagement und Reporting. Im Compliance-Bereich können RegTech ganz entscheidend bei der Geldwäsche- und Betrugsprävention oder in KYC-Anforderungen eingesetzt werden. Im Bereich Risikomanagement sind RegTech in Kreditprüfungsverfahren effektiv einsetzbar. Mit der Einbindung von nachhaltigen Aspekten und Umweltrisiken (ESG) ist die Nutzung der RegTech zum Beispiel auch bei der Kreditvergabe und -überwachung unabdingbar. Darüber hinaus ist in Anbetracht der steigenden Datengenerierung im Risikomanagement, der Einsatz von RegTech umso wichtiger, da sie ganz entscheidend zur Erfüllung von BCBS-239 Anforderungen beiträgt. Beispielsweise können mit RegTech Echtzeitdaten genutzt werden, wodurch wiederum die schnelle und präzise Durchführung von Ad-hoc-Stresstests ermöglicht wird.

Um allerdings eine Wiederholung des Wirecard-Skandals zu verhindern sind insbesondere die Aufsichtsbehörden mit ins Tech-Boot zu holen. Folglich müssen diese in Zukunft ebenfalls digitale Innovationen und neu entwickelte Technologien bei ihrer täglichen Arbeit einsetzen – also Supervisory Technologie oder eben SupTech. Grundsätzlich sollte SupTech sicherlich nicht einfach mit einer Ankauftour teurer Hard- oder Software verwechselt werden, um Zeranski und Sancak zu zitieren. Vielmehr geht es um die tatsächliche Nutzung der innovativen Technologien, deren Produkte, deren Anwendungen und Lösungen durch die Aufsichtsbehörden, um die Finanzunternehmen, insbesondere aber auch darum, die FinTech regulieren und überwachen zu können.

Wie also mithalten im “Tech-Game-of-Life”?

Durch die Anwendung von SupTechs kann zum Beispiel die Informationseffizienz erhöht werden, um mit der Schnelligkeit der FinTechs und der Vernetzung der Industrie 4.0 mithalten zu können. Sind dann im Finanzsektor schädliche Gerüchte im Umlauf oder wird auf dem Markt eine inadäquate Aktivität beobachtet, können die Aufsichtsbehörden mit Hilfe der SupTech präzise und wesentliche Informationen veröffentlichen und damit einen Marktmissbrauch auf dem Finanzmarkt verhindern. Es darf also nicht das Ziel sein, die Entstehung eines überdimensionierten oder womöglich gar deutsch-bürokratischen Regelwerks zu fördern, sondern ein starkes und gut gegen zukünftige Risiken gewappnetes Finanzsystem zu etablieren. Um dieses Spiel zu gewinnen, müssen die drei Super-Techs – Fin-Tech, Reg-Tech und SupTech – also im Zusammenspiel miteinander agieren und im gegenseitigen Gleichgewicht stehen.

Die Notwendigkeit eines neuen Aufsichtssystems, das im Einklang mit der FinTech-Welt steht, ist also offensichtlich. Nur so wird es den Aufsichtsbehörden möglich sein, ihren Pflichten in einem derart FinTech-dominierten Finanzsystem nachzukommen. Es geht also nicht nur um die Suche, den Ankauf oder die Entwicklung innovativer Lösungen, sondern vielmehr darum, mit Hilfe von SupTech ein allgemein funktionierendes Aufsichtssystem zu etablieren. Eine FinTech-Welt ohne RegTech und dazu gehörender stabiler SupTech wäre eine FinTech-dominierte Volkswirtschaft, risikobehaftet und leicht angreifbar. Weitere Szenen, wie die bei Wirecard, wären vorprogrammiert und würden über kurz oder lang unweigerlich zu einem akuten Vertrauensverlust in der Gesellschaft führen. Und das kann keiner wollen!

Viele Grüße
Aristedeus Tumaini & Mario Sladek

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