Nicht sehr viele, aber sehr große Fische im Teich

Die Stakes der einzelnen Validatoren sind leider überschaubar klein. Dies sind zum Großteil Staking-Pools, z.B. von

  • Lido Finance (33%),
  • Coinbase (8%),
  • Kraken (8%),
  • Binance (5%),
  • Staked.us (3%),
  • Stakefish (2%),
  • Bitcoin Suisse (2%),
  • Huobi (1%),
  • und weitere bekannte Teilnehmer, die zusammen 3 % des Kuchens ausmachen.

Die Übrigen 35 % sind unbekannte Nodes – wahrscheinlich Whales, die ohne Staking-Pools arbeiten. Darüber hinaus laufen ca. 21 % aller Ethereum Nodes über Amazon Web Services.

Das Zentrum der „Dezentralität“

Die Validator-Knoten sitzen zum Bärenanteil in den USA, was auch regulatorisch mehr Zentralität nach sich zieht. Damit machen sich global alle Firmen oder Regierungen, die Web3, auf Basis von Ethereum nutzen wollen, von Entscheidungen der SEC, FED und des US-Kongresses abhängig.

Demokratie wird groß geschrieben… oder nur „von den Großen?“

Die Validator-Knoten haben Stimmrechte, um über die zukünftige technische und Token-ökonomische Entwicklung von Ethereum zu entscheiden. Staking-Pools bieten aber auch Kleinanlegern die Möglichkeit für Ether einzuzahlen und dafür Zinsen zu erhalten.  Zum Teil können sie auch über die Zukunft von Ethereum mitabstimmen.

Für die Gewährleistung von Dezentralität und programmiertem Vertrauen im Zusammenhang mit Staking-Pools muss einer von zwei Aspekten erfüllt sein: Entweder dürfen die Smart Contracts der Staking-Pools für die Abstimmung nicht veränderbar sein, oder die Entscheidung über deren Veränderung muss vollständig demokratisch gestaltet sein.

Die Staking-Pools der zentralen Handelsplattformen, wie Binance, Coinbase und Kraken lassen keine Abstimmung zu.

Lido Finance und Demokratie: Mehr Schein als Sein?

Lido Finance regelt die Abstimmung über die Mechanismen ihrer Smart Contracts mit Governance Tokens. Je besser diese Governance Tokens auf die Community verteilt sind, desto mehr ist gewährleistet, dass Lido diese nicht selbst zum Nachteil der Community bzw. zum eigenen Vorteil verändert. Und die Frage ist ebenfalls, zu welchen Mechanismen Lido seiner Community überhaupt Abstimmungsrechte einräumt.

In der GitHub-Repository von Lido selbst ist lediglich die Rede von, Zitat „[…] Gebühren festlegen, Zuweisen von Knotenbetreibern und Oracles etc. [..]“.

Das ist entweder sehr wenig oder mit der Abkürzung „etc.“ sehr schwammig gehalten. Denn in diesen Smart Contracts sind essenzielle Funktionen programmatisch geregelt, wie z.B. die Entnahme von Einzahlungen der Teilnehmer, alles bezüglich den Abstimmungsrechten, das Prägen neuer Governance Tokens, und nicht zuletzt sogar das Verändern der Smart Contracts selbst … „etc.“.

Upgradeability braucht DAO!

Aber Smart Contracts sind doch eigentlich unveränderbar, oder?

Proxy Smart Contracts gibt es bereits seit 2016. Diese ermöglichen einen Workaround um die Unveränderbarkeit von Smart Contracts durch Trennung der Storage von der Logik. Damit wird auch das Routen von Transaktionen in andere Smart Contracts sowie das Ersetzen dieser Smart Contracts möglich.

Das ist erstmal etwas Gutes, da Projekte so am Zahn der Zeit bleiben und mögliche Fehler retrospektiv beheben können. Allerdings birgt dies auch Risiken der Zentralisierung, sofern über das Ersetzen der Smart Contracts nicht demokratisch abgestimmt werden kann.

Die üblichen Verdächtigen

Bei Lido Finance sind derzeit 55,5 % der Abstimmungsrechte (Governance Tokens) auf nur 11 Partizipanten verteilt. Und diese Teilnehmer sind zumeist ebenfalls die bereits erwähnten zentralen Handelsplattformen mit eigenen Nodes. Ca. 14 % der Abstimmungsrechte für Lido liegen bei Lido Finance selbst.

Ein „Lido-Nein“ bleibt ein Nein!

Mit 33 % Anteil von Lido Finance an der gesamten Staking-Masse von Ethereum, kann Lido nicht allein deterministische Entscheidungen über Updates von Ethereum treffen, da diese 67 % der Stimmen erfordern. Jedoch kann Lido fast allein gegen Updates stimmen. Sollte Lidos Community also nicht maßgeblich in die Entscheidungen miteinbezogen werden, verfügt Lido über die Macht, Updates zu unterbinden.

Aber es ist doch alles nicht so schlimm wie es sich anhört, oder?

Als Referenzgröße dienen vielleicht On-Chain-Daten seit dem Merge: Allein drei Adressen haben über 50% aller Blocks produziert und die Belohnung kassiert (Stand 18.09.2022). D.h. Ethereum ist in diesem Aspekt nun zentralisierter als die Solana-Blockchain oder die Binance Smart Chain, denen schon seit Längerem zu viel Zentralität vorgeworfen wird.

Dies lässt darauf schließen, dass es weitaus schlechter um Ethereum steht, als manche vermuten. Nicht zuletzt äußerte der Ethereum CEO, Vitalik Buterin, selbst Bedenken an dem hohen Zentralisierungsgrad von Ethereum 2.0.

Das Öl hat sich verdünnt

Ethereum hat durch den enormen Verlust an Dezentralität ganz klar die Richtung gewählt, von der SEC, wie nahezu alle anderen Kryptowährungen, in Zukunft als Sicherheit anstatt als Rohstoff gewertet zu werden.

Hierdurch hat Ethereum sich selbst die Besonderheit gegenüber anderen Smart-Contract-fähigen Blockchains geraubt. Das bedeutet auch, dass diese Blockchains nun eine ernsthafte Konkurrenz für Ethereum darstellen, auch wenn Ethereum immer noch das bei weitem größte Ökosystem in der Kryptowelt trägt.

Die Hoffnung stirbt zuletzt

Es ist allerdings noch nicht aller Tage Abend. Wenn man bedenkt, dass Ethereum 2.0 gerade erst am Anfang steht, ist die Dezentralität nicht apokalyptisch gering. Bitcoin hat auch mit wenigen Partizipanten begonnen und entwickelte sich zur am meisten dezentralisierten Währung der Welt.

Es werden hoffentlich immer mehr Nodes auf den Ethereum-2.0-Zug aufspringen und so langfristig eine höhere Dezentralität gewährleisten. Die gegenwärtig tiefen Kurse wären zumindest eine attraktive Gelegenheit in 32 Ether zum Betreiben einer Node zu investieren.

Durch den Schritt in PoS hat Ethereum zumindest den Absprung in Richtung ESG-Kompatibilität geschafft. Dies ist ein wichtiger Faktor für die institutionelle Adaption.

Ob man die ganzen Veränderungen nun gut findet oder nicht – spannend wird es definitiv um Ethereum bleiben!

Liebe Grüße 😊

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

7  +  1  =  

Verwandte Artikel