Wenn ich Diskussionen über KI in Banken erlebe, geht es immer nur um die Vorteile. Jedenfalls ist die Erwartungshaltung an diese, in Bezug auf Prozesse, in den meisten Fällen enorm hoch. Meiner Meinung nach ist die Diskussion darüber, ob alle Aufwände in einem KI-Projekt berücksichtigt sind, mindestens genauso wesentlich! Hast du schon mal hinterfragt, ob wirklich alle kalkulierten Erträge aus der Implementierung einer KI-Anwendung vollständig realisiert werden? Sind eigentlich alle technologischen Gurus tatsächlich von KI überzeugt? Ich rate klar zu einer gesunden Portion Skepsis!
Wie also vorgehen und was keineswegs vergessen?
Neben dem kalkulatorischen Einbeziehen von organisatorischen und rechtlichen Konsequenzen einer KI-Implementierung, gilt generell die erwarteten Vorteile, als auch die erwarteten sowie natürlich die unerwarteten Nachteile, sorgfältig zu erwägen. „Da werden Sie geholfen“ hieß es mal in einem bekannten Werbespot. Anders ist es, wenn Sie wesentliche Kostenkomponenten oder sogar markante Risiken eines KI-Projektes unterschätzen. Ich erlebe es leider noch oft, dass vor lauter Vorfreude auf wunderbare Effekte der KI auf die Produktivität genau diese vernachlässigt wird.
Bilder sagen mehr als tausend Worte!
Ich schlage immer vor wesentliche Vor- sowie Nachteile zunächst graphisch zu clustern. So entwickelst du eine klare Vorstellung, womit man es eigentlich zu tun hat. Zur beispielhaften Veranschaulichung habe ich die vorliegende Abbildung mitgebracht. In dieser werden einige Bereiche der Vorteile und gleichzeitig potenzielle unternehmerische Herausforderungen anschaulich dargestellt. Wie es Beispiele so an sich haben, hängt das „echte“ Bild erwartungsgemäß stark von den Gegebenheiten eines jeden KI-Projektes und natürlich auch den Eigenschaften des jeweiligen Unternehmens/Finanzinstitutes ab. Kurz gesagt, du musst dir hierüber immer neu Gedanken machen und eine individuelle Übersicht erstellen.
Abbildung 1 Vorteile und Nachteile der KI-Verwendung (Quelle: PPI AG) |
Also: Ärmel hochkrempeln und ab ans Eingemachte!
Schauen wir uns in diesem Beispiel zunächst kurz den Downside-Punkt Know-how an: Typischen KI-Gewinnen in der Produktivität und Effizienz stehen demgemäß hohe Anforderungen an spezialisiertes Know-how der KI-Mitarbeiter und neue organisatorische Verantwortungsstrukturen für KI-Prozesse gegenüber. KI kann selbstverständlich durch die Übernahme der menschlichen Aufgaben ungeahnte Mitarbeiterkapazitäten freisetzen und damit eine eindrucksvolle Kostenreduzierung in einem fachlichen Bereich herbeiführen. Gleichzeitig steigen aber die Kosten im technischen Bereich bei der Entwicklung und Pflege der KI. KI-Spezialisten gehören leider nicht zu den kostengünstigsten Spezialisten und ihre Betreuung der KI-Implementierung (Systemänderungen, Weiterentwicklung etc.) erstreckt sich naturgemäß über die gesamte Laufzeit des KI-Systems.
Kontrolle ist gut, Verstehen ist besser
Ein weiterer Punkt ist die Klarheit über die Entscheidungsprozesse in einem KI-System. Ist das tatsächlich eine Kostenkomponente? Die Qualität der Entscheidungen aufgrund von vielen Parametern und Datenquellen wird durch KI wesentlich verbessert. Diese KI-Entscheidungsprozesse beanspruchen nur einen Bruchteil der menschlichen Zeitaufwände, was die Wettbewerbsfähigkeit einer Bank steigert. Demgegenüber kann es jedoch zu Transparenzverlusten kommen und die Entscheidungsfindung wird damit nicht mehr bzw. nur mit einem großen und daher unökonomischen Aufwand nachvollziehbar. Die Komplexität der Entscheidungsfindung wird naturgemäß mit der Zeit so zunehmen, dass man sich mit hoher Wahrscheinlichkeit sogar neuartige IT-Systeme überlegen muss, die bei einer KI-Entscheidung den Entscheidungsprozess entschlüsseln und verständlich machen. Der Grund besteht darin, dass die Aufsicht Banken auch in der Zukunft nicht erlauben wird, sich völlig auf die KI-Entscheidungsfreudigkeit zu verlassen, ohne jederzeit Aufschluss darüber zu geben, wie es zu einer KI basierten Aktivität gekommen ist. In der Tat ist die Entwicklung eines solchen Kontrollsystems in den Umfang komplexer KI-Entscheidungssysteme von vornherein mit einzukalkulieren.
Mein Fazit:
Bedenke, dass die Möglichkeiten von KI auch eine Basis für die Entwicklung neuer stark individualisierter Produkte der nächsten Generation bieten. Wie wird dabei die Revisionssicherheit der neuen Prozesse/Produkte gewährleistet, um die gegebene Bank und künftig das gesamte Bankensystem vor neuen und ziemlich ungeahnten Risiken zu schützen?
Wir werden hier keine Antwort auf alle sich anbahnenden Fragen liefern können. Die Schlussfolgerung soll aber nicht nach Elon Musk ausfallen, der überzeugt ist, dass KI fundamental risk to the existence of human civilization darstellt. Die KI-Entwicklung ist heutzutage aber so faszinierend, dass wir sie als ein Spiel von Schatten und Licht sehen können, wobei die meisten unserer Gesprächspartner vor dem Hintergrund der Lichtintensität den Schatten nicht mehr wahrnehmen können … aber da würde mich natürlich Eure Meinung interessieren.
Viele Grüße!
Tadeusz Skolka