Das Scheme Wero der Europäischen Payment Initative (EPI) und der digitale Euro der Europäischen Zentralbank (EZB) als digitales Zentralbankgeld sind wichtige Projekte zur Stärkung des europäischen Zahlungsverkehrs. Beide Initiativen sprechen den höchst kompetitiven Retail-Payments-Sektor im europäischen Währungsraum an, welcher von Lösungen US-amerikanischer Platzhirsche, wie Visa, Mastercard und PayPal, dominiert wird.
In diesem Beitrag stellen wir Unterschiede, Gemeinsamkeiten und potenzielle Synergien von Wero und dem digitalen Euro dar. Eine Einordnung und die Ziele der zwei Initiativen:
Wero
- Einordnung: Produkt von EPI, eine Partnerschaft großer europäischer Banken und Zahlungsdienstleister, welches auf Basis der existierenden SEPA Echtzeitüberweisungs-/SCT Inst-Zahlungsverkehrsinfrastruktur fußt, und zur Schaffung eines einheitlichen europäischen Zahlungssystems beitragen soll.
- Ziele: EPI strebt mit Wero nichts Geringeres an, als die beliebteste Bezahlplattform Europas zu werden. Im ersten Schritt bietet Wero die Möglichkeit von Peer-to-Peer-Zahlungen (P2P), gefolgt von E-/M-Commerce Use Cases. In späteren Ausbaustufen sollen Zahlungen am stationären Handel möglich sein. Damit will EPI alle gängigen Retail Payments-Anwendungsfälle im europäischen Markt bedienen.
Digitaler Euro
- Einordnung: Projekt der EZB zur Einführung einer digitalen Zentralbankwährung im europäischen Währungsraum als Ergänzung zum Bargeld. Angestrebt würde eine weitestgehend neu entwickelte Zahlungsverkehrsinfrastruktur mit potenziell innovativen Technologien und Interoperabilität zu anderen Zahlungssystemen.
- Ziele: Die Hauptziele des digitalen Euro umfassen die aktive Mitgestaltung der Zukunftsfähigkeit des europäischen Zahlungsverkehrs, die Stärkung der geldpolitischen Souveränität der Eurozone und die Förderung finanzieller Inklusion. Gleichzeitig soll der digitale Euro dazu beitragen, einer Fragmentierung des Marktes entgegenzuwirken und ein hohes Maß an Privatsphäre für die Nutzer gewährleisten. Die Use Cases des digitalen Euro sollen alltägliche Zahlungen im Handel als auch E-/M-Commerce- und P2P-Transaktionen umfassen. Eine diskutierte Idee für die Zukunft ist die Nutzbarkeit des digitalen Euro für programmierbare Zahlungen, welche an Bedingungen geknüpft sind und unter bestimmten Voraussetzung ausgeführt werden (Smart Contracts).
Beide Initiativen verfolgen ähnliche Use Cases, mit jedoch unterschiedlichen Herangehensweisen
Ein Konflikt zwischen Wero und dem digitalen Euro ergäbe sich aus der deutlichen Überschneidung der anvisierten Nutzerzielgruppe und dabei ähnlichen Use Cases, was zu Wettbewerb und einer weiteren Fragmentierung der europäischen Zahlungsverkehrslandschaft führte. Da die Eigenschaften in vielen Aspekten ähnlich sind, könnte es bei Nutzern zur Verwirrung führen, da sie das Gefühl bekommen, sich für eine Bezahlmethode entscheiden zu müssen.
Die Ansätze zur Marktdurchdringung unterscheiden sich jedoch deutlich: EPI verfolgt eine nutzerzentrierte Produktentwicklung und setzt auf Vertrauen, Sicherheit und Anpassungsfähigkeit „made in Europe“. Wie auch bei anderen Bezahlverfahren ist die Händlerakzeptanz freiwillig.
Der digitale Euro hingegen würde sich mit der geplanten gesetzlichen Akzeptanzpflicht bei Händlern Marktanteile verschaffen und somit gegenüber privat entwickelten Zahlungsmethoden im Vorteil sein, was gegebenenfalls Innovations- und Investitionsbereitschaft im europäischen Retail-Payments-Sektor beeinflusst.
Die folgende Tabelle zeigt eine Übersicht von Gemeinsamkeiten und Unterschieden aus Nutzersicht:
Mögliche Synergien zwischen Wero und dem digitalen Euro
Auch wenn es auf den ersten Blick danach aussieht, dass Wero und der digitale Euro im Wettbewerb um dieselbe Nutzergruppe stehen würden, so bestünden auch Chancen für Synergien. Wenn der digitale Euro etwa die Fähigkeit aufweisen würde, sich leicht in bereits bestehende oder sich in Europa entwickelnde Zahlungslösungen integrieren zu lassen. Es wäre somit als ausschlaggebend anzusehen, dass Banken und Zahlungsdienstleister die Wahl ihres Vermarktungskanals für den digitalen Euro haben, solange das gewählte Medium allen ihren Nutzern den Zugang zum digitalen Euro ermöglicht. Im Falle von EPI könnte es also die Nutzung der eigenen Wero-Frontend-App für den Vertrieb des digitalen Euro sein. Als zweite und dritte Möglichkeit sollte es den Marktteilnehmern freigestellt sein, den digitalen Euro in die eigene mobile Banking-App zu integrieren oder den digitalen Euro über die eigenständige App der EZB anzubieten. Diese Kooperationsoffenheit als neues Scheme wäre keine Neuheit, sondern gängige Praxis, da eine Integration die Beliebtheit der Wero-Wallet steigern und gleichzeitig die Verbreitung des digitalen Euro fördern könnte.
Aktuell ist nicht absehbar, wie sich Wero und der digitale Euro, sofern vom EZB-Rat beschlossen, gemeinsam am Markt etablieren würden. Könnten beide erfolgreich koexistieren und zu einer Harmonisierung und Stärkung der Innovationskraft als auch zur europäischen Souveränität im digitalen Zahlungsverkehr beitragen oder würden sie sich einander am Erfolg hindern? Sicherlich würde ein kooperativer Ansatz für alle Beteiligten – die EZB, EPI aber vor allem dem Endnutzer – Vorteile bieten. Nicht zu vernachlässigen wäre bei diesem Zusammenarbeitsgedanken eine möglichst einfache und somit kostenschonende Integration für die Händler.
Sofern EPI mit Wero als eine europaweite offene Zahlungslösung dazu in der Lage wäre, respektiv von der EZB dazu befähigt werden würde, den digitalen Euro zu integrieren, könnte es ganz im Sinne des souveränen europäischen Zahlungsverkehrs sein. Und dabei im Einklang mit der Strategie der Europäischen Kommission für den Massenzahlungsverkehr stehen sowie einen fairen Wettbewerb auf dem europäischen Zahlungsverkehrsmarkt ermöglichen. Zusätzlich würde es EPI in die Lage versetzen, mit anderen Marktlösungen in puncto Vertrieb des digitalen Euro zu konkurrieren und gleichermaßen die EZB bei ihrem Ziel unterstützen, den digitalen Euro im europäischen Markt zu etablieren.
Große europäische Banken und Zahlungsdienstleister haben in EPI investiert und konzentrieren sich aktuell vorwiegend auf die Integration von Wero. Bei einigen europäischen Bankhäusern erfolgte der P2P-Marktstart bereits im Sommer 2024. Weitere Ausbaustufen, wie E-/M-Commerce, werden folgen.
Der digitale Euro hingegen befindet sich seit Herbst 2023 in der zweijährigen Vorbereitungsphase. In dieser Zeit liegt der Fokus auf der Entwicklung technischer Infrastrukturen und den rechtlichen Rahmenbedingungen, ebenso wird die Zusammenarbeit mit Finanzinstitutionen, Regulierungsbehörden und Technologieanbietern beleuchtet. Die Umsetzung des digitalen Euro startet damit frühestens im Jahr 2026 – vorausgesetzt der EZB-Rat entscheidet sich für die Einführung des digitalen Euro. Mit einem Marktstart eines digitalen Euro wäre daher nicht vor dem Jahr 2028 zu rechnen.